Gefühlte Normalität: Überleben im Ausnahmezustand
Der Ausnahmezustand soll alles andere als Normalität sein. Doch das Leben in der Krise ist bereits unsere neue Weltordnung. Der Nachkriegs-Deutsche wachte traumatisiert im Kalten Krieg wieder auf, litt in der Öl-Krise, überlebte die RAF und erlebte die Wiedervereinigung. Damit wäre doch alles wieder im Grünen auf den Wiesen? Nicht ganz: Mit dem 9/11 begann der lange Krieg gegen den Terror, der nun wohl im Überlebenskampf gegen die Corona-Pandemie mündet. Es bleibt zu hoffen, dass nicht hinterher mehr Menschen an den wirtschaftlichen Folgen oder Folgekriegen sterben, als am Virus. Wenn dann alles überwunden ist, bleibt uns noch immer die Klimakrise. Das Leben in der Krise ist demnach unsere neue Weltordnung, der Ausnahmezustand die gefühlte Normalität. Gewöhnen wir uns daran?
Die Liste der Krisen ist unvollständig, gibt aber Einblicke in unseren Alltag: Wir stehen einer Bedrohung gegenüber, die durchaus real ist. Es gibt möglicherweise auch Phasen der Entspannung. Schnell geht der Ausnahmezustand weiter, mit dem alten oder eben einem neuen Thema.
Sicherlich, wer überleben will, hat immer ein Auge auf Gefahren und Bedrohungen. Das ist vermutlich evolutionär bedingt und sinnvoll. Es stellt sich dennoch die Frage, ob nicht in gewisser Weise ein gesellschaftliches System dahinter steckt: In Zeiten der Bedrohung rückt die Herde dichter zusammen und handelt geschlossener.
Es entsteht durch die Drohkulisse ein Zusammenhalt, der wiederum sehr positive Effekte auf die Gesellschaftsordnung haben kann. Nur leider braucht es dafür häufig den sogenannten Sündenbock, der fahrlässig, böse oder anderweitig gefährlich ist.
Lagerbildung in jeder Krise
Der Corona-Virus ist erst seit 2020 zum Thema geworden. Keine Russen, keine Terroristen und auch sonst niemand, sondern ein einfacher Virus mit eventuell verstecktem Gefahrenpotenzial. Der Virus mag böse Folgen haben, lässt sich aber nicht personifizieren? Doch, dieses beobachtet der deutsche Nachkriegsüberlebende: Die Lobby-beeinflusste Regierung sah zuerst die Gefahr nicht, dann aber doch und beschloss einschneidende Maßnahmen. Diese werden vermutlich über Jahre in der Wirtschaft oder auch im Gesellschaftsleben sehr schmerzhaft nachwirken.
Wir haben also eine offizielle Regierungsposition. In der Bevölkerung gibt es einen Großteil, der Probleme genug hat, seinen Alltag zu bewältigen und das hinnimmt. Dieser Teil lässt sich als die Herde umschreiben. Dann gibt es weitere, kleinere Teile innerhalb der Gesellschaft. Die einen übernehmen die Regierungsposition unkritisch und wollen diese im Gesellschaftsleben durchsetzen. Der andere Teil möchte diese Position kritisch hinterfragen und wünscht sich weniger einschneidende Maßnahmen.
Schon haben wir in der spaltenden Lagerbildung Gruppen, die sich anhand ihrer herausstechenden Persönlichkeiten personifizieren, anprangern und gegeneinander ausspielen lassen.
Die Krise als Trojanisches Pferd unserer neuen Weltordnung
Es gibt noch einen dritten kleinen Bevölkerungsteil, der ganz andere Interessen hat und das öffentliche Problem als Trojanisches Pferd missbraucht. Diese Personen oder Gruppen mischen sich in die „Regierungsgruppe“ und auch Opposition. Dieser Teil will seine Chancen nutzen und ist als der „Wolf im Schafspelz“ wohl am gefährlichsten.
Die Krise setzt häufig wie mit einem Knall ein, weil Medien sich auf Themen fokussieren, die beim Medienkonsumenten ankommen. Gefahren und Drohkulissen wirken immer wie Magneten auf die Aufmerksamkeit. Wer in Wirklichkeit ganz andere Interessen hat, muss nur diese öffentlich breit getretenen und allgegenwärtigen Themen aufgreifen.
Es werden Wahrheiten oder Lösungen präsentiert, um Menschen zu überzeugen und zur eigenen Gefolgschaft zu machen. Dabei ist die Krise nur das Trojanische Pferd, in welchem das eigene Anliegen transportiert wird. Beispiel: Fast immer geht es bei unseren sogenannten humanitären Kriegen nicht um Frauenrechte, sondern um Rohstoffe oder Lieferwege! Der humanitäre Krieg wird damit zum trojanischen Pferd für geopolitische Machtinteressen.
Wir haben polarisierende Kräfte, die eine bewusste und auch aggressive Lagerbildung betreiben. Der Regierung unkritisch und blind zu folgen ist sicherlich nicht richtig, weitreichende Entscheidungen sind zu hinterfragen. Das scheint innerhalb dieser Polarisierung nur noch bedingt „gestattet“ zu sein, obwohl es zu unseren Grundrechten gehört.
Deutungshoheit als Machtinstrument
Ob es nun die Corona-Krise oder irgendeine andere Krise gibt: Es gibt immer die offizielle und eine alternative Sichtweise, die miteinander kollidieren. In der Lagerbildung ist die Deutungshoheit umkämpft, einmal generell und einmal innerhalb der eigenen Gruppe. Wer diese Deutungshoheit hat, kann die Richtung vorgeben.
Das Leben in der Krise wird zur gefühlten Normalität, viele wollen diesen Ausnahmezustand beenden. Der Bürger ist genervt und möchte zum Normalzustand zurückkehren, was auch immer das ist. Genau damit wird er wiederum anfällig für die Polarisierung und ist offen für „radikale Lösungen“. Das hat schon häufig alles nur viel schlimmer gemacht.
Vielen Einzelakteuren geht es darum, die aktuelle Krise als Trojanisches Pferd zur Lagerbildung zu nutzen, um andere Interessen durchzubringen. Einige der sich aufblasenden planlosen „Querschläger“ wollen lediglich gesehen werden und wichtig sein. Diese Zweckentfremdung der Krise ist eine ihrer größten Gefahren.
In der Krise schlummert die Chance unserer Weltordnung
Ginge alles seinen gewohnten und friedlichen Lauf, gäbe es keinen Handlungsbedarf. Diesen gibt es in der Krise, weswegen das chinesische Wort für Krise und Chance dasselbe ist.
Sobald unsere Regierung in Krisenzeiten weitreichende Maßnahmen verabschieden kann, macht sie davon ausgiebig Gebrauch. Dient all das zur Krisenbewältigung? Nicht ausschließlich, unsere Regierung winkt unliebsame Entscheidungen im Huckepack mit durch.
Jede Krise ist eine Chance und jeder versucht seine Interessen durchzubringen. Die polarisierte Lagerbildung kommt wie gelegen. Die eigenen Reihen parieren unkritisch, Andersdenkende lassen sich im Angesicht der Drohkulisse stigmatisieren. Sie werden selber zur Drohkulisse instrumentalisiert, um erneut Freiheits- und Grundrechte zu beschneiden. In unserer neuen Weltordnung wird der digitale Bürger zu seiner eigenen Sicherheit Stück um Stück nackter.
Es sind nicht nur die Medienkonzerne, die von Krisen leben, sondern auch viele andere Akteure innerhalb unserer Gesellschaft. Unsere neue Weltordnung ist eher ein Weltenchaos, kaum einer hat noch einen Plan, jeder ist im eigenen Interesse unterwegs. Neben den Regierungen gehören vor allem Großkonzerne beziehungsweise Milliardäre zu den Marionettenspielern unserer kommenden digitalen Weltordnung.
Der einfache Bürger wird zur Verhandlungsmasse innerhalb der Deutungshoheit. Seine Freiheitsrechte landen auf dem Opferaltar der Sicherheitspolitik.
Nur friedlich überleben wir jede Krise
Innerhalb der digitalisierten und globalisierten Welt sind wir als Einzelpersonen, Gruppen oder eben als gesamtes Land abhängig. Die heutige Wirtschaft unterliegt einem sehr komplexen System der Lieferketten. Viele Abläufe sind derart aufwendig, dass sie in zentralisierten Giga-Fabriken konzentriert werden. Selbst Länder wie Deutschland können sich nicht abkoppeln, ohne dadurch wirtschaftlich ins bodenlose Loch zu fallen.
Die neue digitale Weltordnung soll ein System der kompletten Abhängigkeit im Netz der Matrix sein. Keiner will durch diese Maschen fallen und am Boden der Tatsachen zerbrechen. Wir sind darauf angewiesen, dass unsere gefühlte Normalität vom Ausnahmezustand friedliche Lösungen findet. Wenn polarisierende Kräfte einfache, aber radikale Lösungen anbieten, werden wir vermutlich für ganz andere Interessen verladen.
Sicherlich gibt es erheblichen Handlungsbedarf. Das letzte, was uns passieren darf, wäre in einer Art Bürgerkrieg empfindliche Lieferketten zum Einsturz zu bringen. Allein die Drohkulisse solcher Unruhen wäre wieder die willkommene Steilvorlage zur weiteren Entrechtung und Digitalisierung des Normalbürgers.
Es liegt an jedem Einzelnen, sich nicht vor ein Trojanisches Pferd spannen zu lassen oder im Ernstfall abzuspringen. Wichtig bleibt, dass wir uns nicht aufhetzen lassen und friedliche Lösungen suchen, damit unsere Freiheitsrechte nicht noch weiter eingeschränkt werden. Wir einfachen Bürger wollen die Krise überleben und anschließend mit all unseren Freiheits- und Grundrechten selbstbestimmt entscheiden und leben.