Ohne Zwischenschritte keine Cannabis-Legalisierung!
Wir alle und vor allem unsere sogenannte Lobby kriegt es hin, wie immer: Wir diskutieren um der schönen Diskussion und nicht, um im Thema weiterzukommen. Laufen wir auf die Zielgerade und müssen nur noch durchhalten, kommt von irgendwo aus eigener Reihe ein Querschläger rein: „So aber nicht, das habt ihr ganz falsch verstanden, wir alle wollen das ganz anders!“ Schon setzen wir unsere Diskussion um die Cannabis-Legalisierung beziehungsweise das CanG in der Endlosschleife fort.
Das heutige Cannabis-Verbot war nicht von heute auf morgen da, es baute sich über Jahrzehnte weiter auf. Im Gegensatz dazu fordern wir die perfekte Legalisierung jetzt sofort und wollen keine Zwischenschritte oder Kompromisse.
Unsere Rot-Grün-Gelbe Regierung hat die Cannabis-Legalisierung im Koalitionsvertrag stehen. Sie muss deswegen einfach das machen, was wir alle wollen – nur, dass jeder von uns es etwas anders will. Denn jeder will mit der Cannabis-Legalisierung seine Interessen vertreten sehen. Die einen wollen ihren Unternehmensansatz legalisiert haben, die Konkurrenz hingegen nicht. Andere möchten ihre Bedeutung unterstreichen, entweder wegen des narzistischen Drangs nach Beachtung oder für besseres Sponsoring. Und alle zusammen sind nicht einmal ihre eigene Lobby und schon garnicht die Lobby derjenigen, die eine richtige Legalisierung und deswegen im Zwischenschritt das CanG wünschen.
Legalisierung? Kompetenzlos ins Leere diskutiert!
Über die richtige Legalisierung von Cannabis haben wir ein Jahr diskutiert und diskutiert, bis wir bemerkten, dass es so wegen des Europarechts nicht gehen wird: Wenn wir die Cannabis-Legalisierung umsetzen, wird der Europäische Gerichtshof uns wohl auf Unterlassung und einige Milliarden verklagen. Schlimmer noch: CDU/CSU würden sich lieber selber verklagen, als das so durchgehen zu lassen.
Unsere Bundestagsabgeordneten und Parteien haben Budget und Kontakte. Wieso wird ein Jahr diskutiert, weswegen wird nicht zuerst geprüft, was sich letztendlich überhaupt realisieren lässt?
Also geht es weiter mit dem Vorhaben der Entkriminalisierung, die medial dennoch als Legalisierung verkauft wird. Fast ein Jahr wird am CanG gebrütet, bis das Bundeskabinett am 16.08.2023 beschließt, es in den Bundestag einzubringen. Karl Lauterbach präsentiert die Ergebnisse der Pressekonferenz, kurz danach interveniert Kristine Lütke stellvertretend für die FDP. Unter dem Jubel unserer Hanf-Community will sie dieses „Bürokratiemonster“ verhindern und setzt sich mithilfe der Grünen durch.
Wir stehen erneut auf einer Zielgeraden und müssen nur geradeaus durch, um einen wichtigen Zwischenschritt zu gehen. Schon treten wir uns so gut es geht über den Haufen, um unsere Diskussion in der Endlosschleife festzuhalten. Also bessern die Regierungsparteien das CanG nach, um am 03.12.2023 festzustellen, dass die SPD-Fraktionsspitze blockiert. Die geplante Abstimmung im Bundestag in der 50. Kalenderwoche kann nicht stattfinden.
Keine SPD, kein CanG!
Hätten wir alle beim Lauterbach mitgemacht, wäre die SPD federführend gewesen und die SPD-Fraktionsspitze hätte quasi deswegen annehmen müssen. Genau deswegen haben Lauterbach und Co. das doch in diese Richtung gelenkt, damit es klappen kann: Die SPD ist beim CanG der Flaschenhals, was nützt uns der beste Gesetzentwurf, wenn er keine Mehrheit kriegt?
Weswegen ist nicht Cem Özdemir Bundesdrogenbeauftragter? Weswegen nicht Kristine Lütke, wenn ihr das Thema so wichtig ist? Wieso muss es Burkhard Blienert machen, der nicht einmal mehr ein Bundestagsmandat hat? Weswegen ist ausgerechnet Karl Lauterbach als Bundesgesundheitsminister die federführende Kraft beim CanG?
Kein anderer macht das mit uns allen noch mit, außer die SPD, die eine Cannabis-Legalisierung eigentlich nicht als Thema hat. Dass es im Koalitionsvertrag steht, hat sie eher ihren Koalitionsparteien zu verdanken. Gerade die Grünen scheinen sich aus unserer Endlosschleife sogar etwas raus zu halten. Sie machen dennoch bei der abgefeierten FDP mit, während die SPD auf dem Social-Medialen Scheiterhaufen schmort.
Wenn alle nur für ihre privaten Interessen ihre perfekte Lösung einverlangen, diskutieren wir weiter, bis diese Legislaturperiode endet. Es gibt aber keine allumfassend perfekte Lösung, weswegen wir Kompromisse einzugehen haben. Wir müssen bei der Cannabis-Legalisierung Zwischenschritte gehen. Das CanG gehört zu diesen Zwischenschritten und soll ohnehin nach vier Jahren nachgebessert werden. Zu befürchten bleibt, dass dann CDU/CSU sich federführend durchsetzen.
Karl Lauterbach präsentiert am 16.08.2023 den Kabinettsbeschluss zum CanG
Rückblende in der Endlosschleife:
In meiner Tätigkeit als Freelancer für das Soft Secrets bleibt nur selten ein Artikel liegen. Das liegt weniger an den Inhalten als an der begrenzten Seitenzahl. Für die Ende September 2023 erscheinende Ausgabe hat es deswegen nicht gereicht. Um darzustellen, dass es ein vorhersehbares Problem ist, erscheint der nichtgedruckte Artikel deswegen hier:
Kabinett beschließt CanG: Wann kiffen wir legal?
Seit Jahren fiebern wir der Legalisierung entgegen, nun hoffen wir, dass am 16.08.2023 wenigstens ein historischer Meilenstein gesetzt wurde: Das Bundeskabinett tagte mit Vertretern aus acht Ministerien und beschloss das CanG als erste von zwei geplanten Säulen. Auch die Modellprojekte sollen als zweite Säule schnell vorangetrieben werden.
Alles klingt wie ein lang ersehnter Befreiungsschlag, viele jubelten los, als wäre das Vorhaben bereits durch. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat nicht nur federführend mitgewirkt, sondern auch die folgende Pressekonferenz im Alleingang gemeistert. In dieser erklärt er, dass es kein Zustimmungsgesetz ist, der Bundesrat wird es nicht verhindern können. Dennoch ist es ein Bundesgesetz, jedes Bundesland muss das CanG umsetzen.
Unsere euphorische Reaktion könnte lauten: „Perfekt, wo ist der nächste CSC, der mich zum geplanten Inkrafttreten am 01.01.2024 mit 25 Gramm feinstem Weed versorgt? Und wenn ich bis dahin noch mit Cannabis erwischt werde oder jüngst erwischt wurde: Das verfällt, bestehende Cannabis-Einträge im Vorstrafenregister werden gelöscht, was wollt ihr noch?“
Wie so oft kommt nach dem Höhenflug der freie Fall: Leider haben unsere Regierungsparteien im Kabinett lediglich beschlossen, dass sie das CanG in den Bundestag einbringen. Hier wird zuerst die Mehrheit benötigt, dann gibt es für den Bundesrat auch für ein sogenanntes Einspruchsgesetz die geringe Möglichkeit, alles zu blocken.
Das Sahnehäubchen kommt noch obenauf: Keine Geringere als Kristine Lütke, Abgeordnete im Bundestag und Sprecherin für Sucht- und Drogenpolitik der FDP, erklärt in einer Pressemitteilung auf fdpbt.de: „In den parlamentarischen Beratungen werden wir das Gesetz grundlegend überarbeiten und weitreichende Änderungen vornehmen …“ weil es die Konsumenten und Anbauvereinigungen zu stark reguliert. Besitzobergrenzen und Abstandsregeln für den Konsum oder die Anbauvereinigungen zu Schulen und Kitas machen alles zur Fortsetzung der Verbotspolitik. Das CanG wird zum Bürokratiemonster.
Kristine Lütke hat stellvertretend für die FDP mit ihrer Kritik recht. Aber passt das nicht ins Muster? Unsere Ampel-Regierung macht eine Absichtserklärung im Koalitionsvertrag. Monatelang wird inhaltlich am Vorhaben gearbeitet, welches sich wegen der EU-Hürden auflöst. Also wird die Diskussion neu angesetzt, womit wieder Monate verstreichen, jetzt interveniert die FDP. Diskutieren wir weiter, bis wir im kommenden Wahlkampf nur noch zu hören kriegen, was wir hören wollen? Und wen wollen wir außer der Linken oder den Piraten sonst auch wählen: CDU/CSU oder direkt die AfD?
So lobenswert die Kritik der FDP auch ist: Wieso kommen die damit jetzt noch an, während sie den gesamten Gestaltungsprozess zum CanG doch begleitet haben? Außerdem muss die FDP als Regierungspartei oder stellvertretend Kristine Lütke in der Kabinetts-Sitzung doch zugegen gewesen sein. Die Bürokratisierung der Anbauvereinigungen mag als Hürde ein großes Problem sein. Wenn aber die Mehrheit darauf hinwirkt und so entscheidet, müssen wir dieses Risiko eingehen. Genau deswegen ist das CanG vier Jahre nach seinem Inkrafttreten zu evaluieren. Solange eine der heute mitwirkenden Regierungsparteien in der kommenden Koalition landet, sollte sich das Schlimmste also verhindern beziehungsweise begradigen lassen.
Zurück zur Fragestellung: „Wann kiffen wir legal?“ Genaugenommen ist der Konsum schon legal, nur die damit verbundenen Handlungen wie beispielsweise der Besitz werden geahndet. Deswegen ist der legale Konsum in Deutschland abgesehen für Patienten mit Rezept quasi unmöglich.
Die Sommerpause des Bundestages endet Anfang September, wodurch reguläre Sitzungen wieder stattfinden. Hier gibt es viele Themen. Vermutlich wird das CanG noch häufiger auf die Liste kommen. Das heißt: Wenn es nach Frau Lütke geht, setzt die inhaltliche Diskussion neu an und zieht sich erneut über Monate. Genau dann wäre das Inkrafttreten des CanG zum Jahresbeginn sehr unwahrscheinlich. Viele aus unseren Kreisen und aus unserer Hanf-Lobby bekräftigen die FDP sogar noch in ihrer Blockadehaltung.
Herr Lauterbach präsentierte das beschlossene CanG nach der Kabinetts-Sitzung vertretend für die teilnehmenden Organe voller persönlicher Überzeugung. Die Anbauvereinigungen würden sehr unbürokratisch mit dem nötigen Minimum an Kontrolle und Regularien sinnvoll und effektiv arbeiten können. Die Konsumenten werden dem Schwarzmarkt entzogen. Auch für den Jugendschutz und den Schutz junger Erwachsener mit reifenden Gehirnen wäre das geplante CanG zielführend. In der jungen Altersgruppe soll ein Konsum-Zuwachs nicht nur gestoppt, sondern künftig rückläufig sein.
Wer sich diese Pressekonferenz ansieht, muss Herrn Lauterbach zugestehen, dass er aalglatt durch jede Frage findet. Die Realität wird dennoch eine andere sein: Unter den Anbauvereinigungen wird es hier und da Unregelmäßigkeiten geben, CSCs werden zur Angriffsfläche für unsere Gegner. Das geht allein auf die durch den Gesetzgeber eingeforderte Bürokratie zurück, mit der die Ernte sowie Abgabemenge grammgenau zu erfassen ist. Nicht nur das, jedes Gramm muss sich dem Mitglied zuordnen lassen. Das abgebende Mitglied hat also mit der bürokratischen Erfassung mehr zu tun, als mit Smaltalk, Abwiegen und Abgabe.
Soll das CanG auf sehr sicheren Beinen stehen, müssten diese Anbauvereinigungen hier gestrichen und in eine dritte Säule des Vorhabens überführt werden. Nur das sichert uns den Eigenanbau und 25 Gramm wären bei Kontrollen LEGAL!
Weiterer empfehlenswerter Artikel zum CanG im Soft Secrets DE, Ausgabe 4 (Juli 2023), Seite 30 – 31:
Cannabis Social Clubs
Take it or Leave it!
Inhalt: Nehmt es an oder ihr bekommt garnichts!!!
Déjà-vu in der Endlosschleife oder Can das weg?
Wer diesen bislang unveröffentlichten Artikel mit der Situation am 03.12.2023 vergleicht, hat beim CanG beziehungsweise der Cannabis-Legalisierung vermutlich nicht sein erstes Déjà-vu.
Wir haben wenigstens die Zielgerade zu einem Abschnitt beziehungsweise Zwischenschritt erreicht und alles fliegt uns wieder um die Ohren. Scheitert es nicht am EU-Recht, springt halt jemand aus unseren eigenen Reihen rein und tritt es über den Haufen: „So aber nicht, wir alle wollen das ganz anders.“ Soweit ist die Aussage vielleicht sogar richtig, nur, dass jeder es irgendwie anders will. Wenn unsere Politik es also nur so machen muss, wie wir es sagen und jeder etwas anderes sagt, wird es mit der Umsetzung schwierig bis unmöglich.
Wenn wir weiterkommen wollen, um danach erneut weiterzukommen, müssen wir uns von unserer Diskussionsrunde trennen. Wir müssen uns kompromissbereit auf etwas einigen, sonst diskutieren wir bis in alle Ewigkeiten mit nicht endenden Schuldzuweisungen, die dem Sündenbock-Prinzip wohl noch am ähnlichsten sind. Oder weswegen wird die FDP in diesem Handlungsstrang auf Kosten der SPD abgefeiert?
Persönliche Randnotiz zum CanG:
Aufgrund meiner eingeschränkten gesundheitlichen Situation ist es mir kaum möglich, mich in diese endlose Diskussionsschleife einzubringen. Außerdem stellt sich die Frage nach dem zielführenden Sinn, wenn eh einer auf der Zielgeraden alles über den Haufen tritt. Und als Drittes bin ich ganz nach dem Sündenbock-Prinzip wegen meiner Inhalte und Vorgehensweise in der erlesenen Hanf-Community ohnehin geächtet. Deswegen passiert auf hanftube.de in dieser heißen Phase kaum noch etwas.