Wollen wir Arbeitsplätze und Steuern zahlen oder Freiheitsrechte?
Viele haben sich bereits inhaltlich mit der Argumentation für oder gegen die Cannabis-Legalisierung auseinandergesetzt. Wer das Thema über längere Zeit verfolgt, bemerkt die Wiederholungen in der inhaltlichen Diskussion. Wir wollen Cannabis legalisieren, um die Jugend zu schützen, eine Qualitätskontrolle einzuführen und um Arbeitsplätze zu schaffen. Aber vor allem vollen „wir“ viel mehr Steuern bezahlen?
Marihuana, Haschisch oder andere Extrakte werden auf dem Schwarzmarkt teuer gehandelt. Bei ähnlichen Preisen für eine staatliche kontrollierte Qualität wäre es ein Milliardenmarkt. Ganz nebenbei ist Hanf auch ein nachwachsender Rohstoff für Lebensmittel, Kosmetikprodukte, Baustoffe, Verbundstoffe, Farben und Anderes. Fordern wir zwecks Kommerzialisierung die sofortige Legalisierung von Cannabis?
Einige haben bereits eine Hanf-Demo besucht und kennen das Publikum. Gehen diese Menschen wirklich auf die Straße, weil sie Arbeitsplätze schaffen und viele Steuern bezahlen wollen? Fragen wir einen fiktiven Aktivisten am Infostand: „Wofür forderst du die Cannabis-Legalisierung?“ „Weil ich Arbeitsplätze schaffen und mehr Steuern bezahlen will.“
Und genau damit haben wir in der inhaltlichen Diskussion bereits verloren, wenn „wir“ am eigentlichen Ziel vorbei argumentieren, ohne es überhaupt noch vor Augen zu haben: Wir wollen Cannabis legalisieren, weil wir nicht wie Behinderte oder Kleinkinder bevormundet werden wollen, wir fordern Freiheitsrechte!
Das Dilemma der vorgeschobenen Argumentation
Sicherlich, Freiheitsrechte sind für viele kein Argument für die Legalisierung von Cannabis. Weswegen sollten denn die Bürger in einem sogenannten freien Land für sich in ihrem Privatleben frei entscheiden dürfen? Die kann man auch wie ein paar geistig Behinderte bevormunden und mit Polizeigewalt der Justiz zum Fraße vorwerfen. Die haben zwar niemandem etwas getan, außer vielleicht sich selber. Aber wenn die das nicht einsehen, muss man halt einschreiten wie einst gegen Masturbation, Homosexualität, Menschen anderer Abstammung oder anderer Glaubensrichtungen. Bis auf die Abstammung liegt es immerhin an jedem einzelnen, sich anzupassen und bei der Hexenjagd mitzumachen.
Die ganze Argumentation um Hanfmedizin, Qualitätskontrollen, einem besseren Jugendschutz, Arbeitsplätzen und damit auch Steuereinnahmen ist durchaus richtig. Auch ist Hanf eine vielseitig einsetzbare nachwachsende Rohstoffpflanze, die sehr viel Biomasse bildet. All das ist richtig, dafür gehen die meisten Aktivisten oder Demonstranten jedoch nicht auf die Straße. Sie stoßen aufgrund der Repression mit diesem Thema an. Sie fragen sich, weswegen sie sich in ihren privaten Belangen wie Kleinkinder bevormunden lassen sollen.
Das Unrecht wird einem jeden Repressionsopfer vor Augen geführt, einige wollen sich dagegen wehren. Wer für die Legalisierung von Cannabis kämpft, befindet sich im Freiheitskampf.
Weil Freiheitsrechte als Argument für die Cannabis-Legalisierung nicht ankommen würden, hat sich die Scheindebatte um Jugendschutz, Arbeitsplätze und Steuerabgaben gebildet. Diese Entwickelung ist derart ausgeufert, dass selbst der ein oder andere übereifrige Aktivist denkt, dass wir mehr Steuern bezahlen wollen und dafür auf die Straße gehen.
Cannabis-Legalisierung – am Thema vorbei argumentiert
Viele streiten nicht nur um die Cannabis-Legalisierung, sie wollen unsere Lobby sein. Sicherlich, in linkslastigen und bedröhnten Kreisen will jeder etwas anderes. Da findet sich nie ein gemeinsamer Nenner, bei dem alle mitziehen würden. Dennoch wäre es wünschenswert, das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Wir wollen die Legalisierung von Cannabis, weil wir frei sein möchten! Alles andere sind lediglich nachrangige Argumente für die Cannabis-Legalisierung, für die aber kaum einer auf Demo ginge. Deswegen noch einmal für alle, die mehr Steuern bezahlen wollen:
Das wollen wir nicht:
- unser letztes Geld für potenten Hanf abgeben und in Armut leben
- wegen ein paar Joints als Drogenabhängige oder psychisch Kranke gelten
- gesundheitsbedenklich verstreckte Qualität erhalten
- in Polizeikontrollen die Taschen leer machen
- aufgrund einer Hausdurchsuchung die Nachbarn unterhalten und die Kündigung erhalten
- für Eigenbedarfshandlungen eine Anzeige kassieren
- unberauscht fahren und dennoch den Führerschein verlieren
- wegen des verlorenen Führerscheins keinen Job finden
- wegen Konsumhandlungen teure Prozesskosten tragen
- dank der Akteneinträge in vielen Berufen die Kündigung erhalten
- für Konsumhandlungen im Knast schmoren oder Auflagen erhalten
- auf Alkohol oder Tabletten umsteigen, da kiffen verboten ist
Das wollen wir:
- in unserem Privatleben frei entscheiden, ohne stigmatisiert zu werden
- Marihuana anbauen, kaufen, besitzen, verarbeiten und konsumieren dürfen
- uns im Krankheitsfall auch ohne mitwirkenden Arzt legal mit Medizinhanf behandeln dürfen
- als Cannabiskonsument im Alltagsleben vollwertig anerkannt werden
- volljährige Freunde und Bekannte zum Cannabiskonsum einladen dürfen
- als freie Menschen ohne Benachteiligung leben
Weswegen wiederholen sich die Scheinargumente immer wieder?
Wir wollen also Freiheitsrechte – nicht nur für Konsumenten, sondern auch für Landwirte und Unternehmer, die uns immerhin versorgen sollen. Wir führen uns eine Podiumsdiskussion vor Augen, in der es um die Legalisierung von Cannabis geht: Weswegen hören wir immer wieder die gleiche Argumentation, deren Schwerpunkt nur selten auf diese entscheidenden Freiheitsrechte gelegt wird?
Wer die Cannabis-Legalisierung fordert, ist ein kleiner Bittsteller, dessen Gegenüber nicht wirklich auf ihn eingehen muss. Es wird also versucht, diesem Gegenüber die Legalisierung von Cannabis mit ganz anderen Argumenten schönzureden. Das geht soweit, dass viele Befürworter der Cannabis-Legalisierung wirklich denken, dass es um diese vorgeschobenen Argumente, nicht aber um unsere privaten Freiheitsrechte geht.
Beispiel: Wer die Fallzahlen für Cannabisdelikte in eine Diskussion einbringt, will auf die hohen Kosten und die überlastete Justiz hinweisen. Als ob es in Ordnung wäre, vor dem Richter zu stehen und im Knast zu schmoren, solange dieses keine Kosten oder Arbeit verursachen würde!
Viele sind sich des eigentlichen Anliegens der Freiheitsrechte entweder nicht bewusst oder meinen, unsere Gegenüber damit nicht mehr zu erreichen. Möglicherweise fragen diese sich, weswegen Leute wie wir verbissen dafür streiten, mehr Steuern zu bezahlen und halten uns für blöd.
Was denken Cannabis-Patienten über die Cannabis-Legalisierung?
Die medizinischen Einsatzgebiete für Cannabis sind enorm, weswegen immer mehr diesen Medizinhanf für sich entdecken. Sie können ihre Leiden damit besser behandeln und andere Medikamente reduzieren oder sogar absetzen. Diese Cannabis-Patienten interessieren sich also aus gutem Grund für das Thema der Cannabis-Legalisierung. Dieser medizinische Nutzen ist deswegen die Initialzündung für die Legalisierung von Cannabis in den USA und damit der ganzen Welt.
Viele Cannabis-Patienten halten uns aber ebenfalls für blöd, wenn sie das Treiben rund um die Legalisierung von Cannabis beobachten. Sie ziehen zum Teil bei denen mit, die es in keinem Fall für Konsumenten freigeben wollen. Sie wollen immerhin keinen Drogen- oder Medikamentenmissbrauch.
Aber was wollen solche kritischen Cannabis-Patienten? Sie wollen für sich selber Freiheitsrechte. Sie fordern, dass sie Cannabis verwenden dürfen, da sie diesen medizinisch einsetzen. Wenn sie das machen, ist das immerhin ok, wenn jemand nur etwas Spaß haben will aber nicht. Wie egoistisch, innerhalb einer ideologischen Wertevorstellung nur an sich selber zu denken!
Zum Glück haben sich viele Cannabis-Patienten objektiver mit der Materie befasst: Ob mit oder ohne Verbot – wer zum Spaß kiffen will, tut es halt. Das ganze Verbot hat jedes seiner genannten Ziele direkt oder indirekt verfehlt.
Wäre Cannabis in kontrollierter Qualität für Konsumenten erhältlich oder der Eigenanbau erlaubt, wären auch Cannabis-Patienten freier. Sie wären nicht auf Gedeih und Verderb ihrem Arzt oder der Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausgesetzt. Sie könnten sich der medizinischen Bevormundung jederzeit entziehen und sich privat versorgen. Dann wären sie wirklich frei in ihrem Handeln!
Cannabis-Legalisierung – inhaltliche Diskussion in die Sackgasse
Was passiert, wenn Cannabis legalisiert wird und im Cannabis-Fachgeschäft in etwa das kostet, was vorher auf dem Schwarzmarkt verlangt wurde? Dann können wir endlich viel mehr Steuern bezahlen! Die Cannabis-Legalisierung in Kanada ist in etwa so aufgebaut – die Konsumenten sind enttäuscht und kaufen reihenweise auf dem Schwarzmarkt. Wieso?
Wer gelegentlich ein paar Gramm kauft und einen guten Job hat, muss nicht auf den Grammpreis schauen. Viele haben keinen guten Job und brauchen ein paar Gramm mehr. Woher nimmt diese Klientel das nötige Scheingeld? Eigenanbau oder Drogenhandel für die Konsumfinanzierung sind häufig die Antwort. Viele würden aber in einem legalen Markt nicht unterkommen oder nicht gut genug verdienen.
Wenn wir für neue Arbeitsplätze den Cannabis legalisieren, der für höhere Steuereinnahmen möglichst teuer gehandelt wird, bleiben die legalen Händler auf ihrer Ware sitzen. Wir wollen legal Cannabis konsumieren dürfen, wir möchten aber nicht mit bitterster Armut dafür bezahlen!
Wäre eine Cannabis-Legalisierung anhand der durchaus richtigen Scheinargumente gestrickt, würde sie am Alltag vieler Konsumenten vorbeigehen. Diese würden nicht in das Cannabis-Fachgeschäft gehen, sondern blieben dem Eigenanbau oder Schwarzmarkt treu. Unser Argument muss lauten, dass wir in unserer Entscheidung frei sein wollen. Wir wollen keinen überregulierten und damit künstlich überteuerten Cannabismarkt, der den mittellosen Konsumenten weiterhin ausgrenzt.
Stimmt nicht, wir wollen doch Arbeitsplätze und hohe Steuern zahlen?
Das Wort „wir“ lässt sich nicht klar abstecken. Sicherlich gibt es diejenigen, denen es weniger um Freiheitsrechte für einzelne Konsumenten geht. Sie wollen das Thema der Cannabis-Legalisierung für sich als Sprungbrett nutzen. Viele freuen sich sogar, wenn der legale Cannabismarkt künstlich verteuert wird. Sie möchten immerhin mit ihrem Unternehmen viel Umsatz machen und sehr reich werden. Wenn jedoch jeder für sich selber anbauen darf oder aber die Hürden für den Cannabishandel niedrig ansetzen, sind diese unternehmerischen Vorteile dahin.
Deswegen gibt es viele, die für eine Cannabis-Legalisierung sind, um Arbeitsplätze zu schaffen und Steuern zu bezahlen, solange sie selber groß rauskommen. Solch eine Cannabis-Legalisierung wird jedoch den Schwarzmarkt nicht austrocknen. Damit ließe sich kein Jugendschutz und auch keine Qualitätskontrolle etablieren. Solch eine Pseudo-Legalisierung würde nur einen kleinen Teil vom Schwarzmarkt für diejenigen schlucken, die nur selten konsumieren oder finanziell gut dastehen.
Es wäre eine Pseudo-Legalisierung in einer kleinen Blase, die an der Realität der meisten Cannabis-Konsumenten vorbeiginge. Solche eine Pseudo-Legalisierung wäre durchaus im Interesse einiger Weniger, würde aber keine Probleme lösen. Es wäre lediglich ein Ablasshandel für Bessergestellte, um sich aus dem Cannabis-Verbot herauszukaufen.
Es ist ja schon komisch, dass der Staat oder die Wirtschaft – mit Gramm Preisen – , auf Seiten des Schwarzmarktes fischt