Leere Bierflaschen auf einem öffentlichen Abfalleimer

Alkoholentzug allein heilt keine Alkoholsucht

Generelle Abstinenz führt trockene Alkoholiker zum Rückfall

Jede Alkoholsucht ist anders. Doch vielfach wird eine Alkoholabhängigkeit nicht mit einem Alkoholentzug durchbrochen, sondern durch eine andere Sucht ausgetauscht, um dem nächsten Rückfall zu entgehen. Während die Anonymen Alkoholiker sich gegenseitig die totale Abstinenz predigen, geht das bei vielen Alkoholkranken am Lebensalltag komplett vorbei. Jeder Stressmoment lässt trockene Alkoholiker wieder zur Flasche greifen. Oder aber sie steigen auf Medikamente oder Drogen um, die ebenfalls ein hohes Suchtpotenzial entfalten und keine langfristige Lösung auf Knopfdruck sind. Immer häufiger rückt auch die Therapie mit Cannabis in den öffentlichen Fokus. Dabei geht es weniger um das berauschende THC, als vielmehr um das nicht psychoaktiv wirkende CBD. Dieses kann dabei helfen, das Suchtgedächtnis zu löschen, womit der Suchtdruck schwindet und Rückfälle langfristig seltener werden oder ausbleiben.

Vielfach wird erklärt, dass Cannabiskonsum in einen stärkeren Alkoholkonsum und damit in einer Alkoholsucht mündet. Wer jedoch Menschen über Jahre beobachtet, die sich das Kiffen mit intensiverem Alkoholkonsum abgewöhnt haben, der sieht das anders. Um keinen Ärger mit der Justiz zu provozieren, bleibt der Cannabis weg und das Alkoholproblem wird schlimmer und schlimmer. Es hat aus diesem Blickwinkel den Anschein, dass Cannabis problematische Trinker stabilisiert und sie ohne ihren Joint erst völlig in die Alkoholsucht abrutschen. Es mag durchaus sein, dass es viele Menschen mit starkem Konsummuster gibt, die gerne kiffen, sowie trinken und es deswegen zu derartigen Fehlinterpretationen kommt.

Alkoholsucht mit Cannabis behandeln in Teil 2:
Alkoholismus – Therapie mit Cannabis

Wer bereits mehrfach im Alkoholentzug war und mit dem ein oder anderen Alkoholiker redet, der erfährt von der stabilisierenden Wirkung von Cannabis in Trockenphasen. Demnach ist es unter vielen langjährigen Trinkern bekannt, dass Cannabis eine Therapie bei Alkoholismus sein kann und einigen Alkoholikern hilft, anderen vielleicht nicht. Doch was nicht sein durfte, das hatte eben nicht zu sein und wurde aus der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet.

Ein Regenbogen im grauen Himmel
Alkoholentzug und der Weg zum Ende vom Regenbogen

Alkoholsucht ist eine wissenschaftlich anerkannte Erkrankung

Viele Probleme verstehen nur diejenigen, die sie selber wenigstens ansatzweise haben. Wer kein Alkoholproblem hat, der denkt sich, dass Alkoholiker es nur wollen müssen, damit sie trocken werden und abstinent bleiben. Sie müssen einmal durch den Alkoholentzug, dann in die Therapie und können zurück ins Leben. Dabei ist der körperliche Alkoholentzug das kleinste Problem, der jedoch ohne medizinische Hilfe tödlich verlaufen kann.

Laut neuster ICD 10 Einstufungen braucht es nicht mehr Entzugserscheinungen, um als Alkoholiker zu gelten. Sehr viele Menschen mit massivem Alkoholproblem und dem Zwang zum Trinken haben keinerlei körperlichen Alkoholentzug, können aber dennoch nicht ohne den Alkohol ihren Alltag bewältigen. Zudem dreht sich im Kopf immer mehr alles um Alkohol und in den jeweiligen Trigger Situationen erfolgt der zwanghafte Griff zur Flasche.

In der heutigen Medizin werden sechs Kriterien genannt. Wenn wenigstens drei der Kriterien über einen längeren Zeitraum zutreffen, dann gilt man als Alkoholiker. Ein Leben ohne Alkohol ist nicht mehr möglich, der immer in Reichweite sein muss, um sich sicher zu fühlen.

Selbsttest: drei Treffer reichen zum Status vom Alkoholiker!

  • mit dem Alkoholkonsum nicht von selber aufhören können
  • mit dem ersten Schluck Alkohol wird weiter getrunken
  • in Stressmomenten zur Flasche greifen
  • heimlich und alleine trinken
  • alkoholbedingte Organschäden
  • ich und sein Umfeld durch Alkoholkonsum schädigen

Die körperliche Abhängigkeit mit dem durch Medikamente abgefederten Alkoholentzug ist bei der Alkoholkrankheit also zu vernachlässigen. Das Problem liegt bei der Alkoholsucht im Kopf, weswegen der nächste Rückfall vorprogrammiert ist. Alkoholiker können gar nicht anders, als aus der Entgiftung direkt in den nächsten Kiosk zu laufen. Wer bereits mehrfach durch den Alkoholentzug ging oder schon eine Alkoholtherapie hinter sich hat, der weiß das und möchte nicht den nächsten Rückfall bauen. Weil dieser gute Wille jedoch nicht reicht, ist die Alkoholsucht eine Alkoholkrankheit, die sich nicht durch eine kurze Abstinenz durchbrechen lässt.

Der schleichende Prozess vom Alkoholismus

Ein suchtkranker Alkoholiker muss erst einmal den Punkt erreichen, an dem er sich nicht allein im Innern, sondern auch in seinem Außenverhalten eingesteht, ein schweres Alkoholproblem zu haben. Alkohol war im Gegensatz zu Cannabis schon immer gesellschaftlich anerkannt. An jeder Ecke gibt es Alkohol zu kaufen, an jeder zweiten Ecke wird Alkohol getrunken. Es gehört sogar zum guten Ton, dass man unter Freunden, Bekannten, in der Familie und auch im Unternehmen einen mittrinkt. Wer am nächsten Tag nicht allein verkatert ist, sondern einen richtigen Filmriss hat, der ist mitunter noch anerkannter. Wer viel verträgt und sternhagelvoll die verrücktesten Dinge macht, der ist unter anderen Trinkern der Held.

Es ist vom normalen Alkoholkonsum zum problematischen Alkoholkonsum ein sehr schleichender Prozess. Selbst wer bereits ein Alkoholproblem hat und ohne Alkohol nicht mehr im Alltag bestehen würde, kann noch viele Jahre komplett unauffällig weitertrinken. Mit der Zeit fallen die üblichen Ausfallerscheinungen immer geringer ins Gewicht. Wenn irgendwo nicht getrunken werden darf, dann wird der Alkohol eben umgefüllt und ein scharfes Mundwasser, Kaugummi oder Ähnliches verwendet, um die Alkoholfahne zu kaschieren. Zugleich wird ein Umfeld gesucht, welches selber trinkt oder sich blenden lässt. Problemsituationen werden umgangen, weswegen sich über Jahre das soziale Umfeld ändert und die Alkoholsucht einen zwangsläufig einholt. Wer als Alkoholiker wegen dem wachsenden Alkoholproblem mit seiner Existenz und im Sozialleben immer weiter abrutscht, der kann außerdem schwere Depressionen ausprägen. Diese können den Absprung aus der Alkoholsucht selbst bei therapiewilligen Alkoholikern noch weiter erschweren.

Es geht für viele also kein Weg daran vorbei, im gewohnten sozialen Umfeld ein Bier nach dem anderen zu trinken. Ein geläuterter Alkoholkranker würde andere Trinker in den ersten Jahren gar nicht ohne Rückfall ertragen, sowie diese mit einem Abstinenzler nichts anzufangen wissen. Man muss praktisch sein ganzes Umfeld wechseln, um ein trockener Alkoholiker werden zu können.

Zwei Asam Bockbier vom Weltenburger Kloster
Trinken hat Tradition – Bockbier aus der ältesten Klosterbrauerei

Alkoholkrankheit – mangelnde Einsicht

Der schleichende Prozess vom unproblematischen zum problematischen Alkoholkonsum, der im sozialen Zusammenbruch mündet, kann also Jahrzehnte dauern. Man selber hat über lange Zeit den Eindruck, einfach nur mitzutrinken und alles im Griff zu haben. Vielfach blenden Alkoholiker völlig aus, dass sie selber und auch ihr Umfeld mit Frau, Kindern und Arbeitsplatz Schaden nehmen. Keiner gesteht sich solch ein Problem freiwillig ein. Eigentlich jeder möchte an seiner schleichenden Alkoholsucht vorerst festhalten und vielleicht irgendwann einmal weniger trinken. Aber noch nicht sofort, da andere Sachen vorerst wichtiger sind, so die Begründung für das Hinauszögern vom ersten Alkoholentzug.

Selbst wer sein Alkoholproblem im Innern bereits kennt, der gesteht sich meist nicht die Ausmaße ein und schiebt seine Probleme auf andere Faktoren. Auch bei vielen anderen Abhängigkeiten greifen diese Mechanismen automatisch ineinander. Doch beim gesellschaftlich anerkannten und allgegenwärtigen Alkohol, der zudem die Wahrnehmung einengt und zu einer Selbstüberschätzung beiträgt, greifen diese Verdrängungsmechanismen noch besser.

Solange der Alkoholkranke sich sein Alkoholproblem nicht eingesteht und von sich aus eine Änderung wünscht, bleibt ein Alkoholentzug mit Therapie zur Förderung der Abstinenz praktisch gesehen aussichtslos. Auch bei anderen Süchten, ob Substanz- oder Verhaltenssüchten, muss der Erkrankte häufig erst im persönlichen Scherbenhaufen den Punkt erreichen, an dem gar nichts mehr geht, damit er sich auf eine Therapie und Änderungen im Leben einlässt. Die Familie, die Freunde und teils auch Arbeitgeber stehen nicht selten über Jahre vor ihrem Problemtrinker und können nur abwarten oder sich voneinander trennen.

Das Problem der Alkoholsucht – Bierausschank an jeder Ecke
Allgegenwärtiger Bierausschank lässt selbst trockene Alkoholiker einknicken

Nicht nur körperliche Erkrankungen durch Alkohol

Die Alkoholsucht ist eine Erkrankung, bei der viele direkt an einen Leberschaden, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nervenschäden, absterbende Hirnzellen und vor allem an Krebserkrankungen denken. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Teils neigen psychisch Erkrankte zum Alkoholismus oder dieser begünstigt die Ausprägung psychischer Erkrankungen. Wer alkoholisiert ist, der neigt zur Selbstüberschätzung und dazu, etwas intensiver in seiner eigenen Ich-Welt zu leben, als es andere Menschen tun.

Viele trinken ein paar Bier für die Stimmung und wollen einander beeindrucken, es alles besser wissen und behaupten unhaltbare Dinge oder machen Versprechungen, die sich später nicht realisieren lassen. Wer jedoch ständig alkoholisiert ist, der kann bis in die Alkohol Psychose abrutschen und entgleitet der Realität Schritt um Schritt, bis er von niemandem mehr ernst genommen wird. Das begünstigt einen weiteren sozialen Abstieg, die Alkoholsucht wird zur Abwärtsspirale.

Wer bereits als Spiegeltrinker ständig rund 2 Promille hält, der isst häufig weniger sowie der Darm Vitamin B1 schlechter aufnimmt. Dieses kann in das Korsakow Syndrom münden. Es handelt sich um Schädigungen am Gehirn, die irreparabel sind und meistens nur noch behandelt werden können. Das Erinnerungsvermögen ist stark beeinträchtigt. Doch wer am Korsakow Syndrom leidet, der kleidet die Erinnerungslücken spontan mit seiner selbstgefälligen Fantasie aus und glaubt sich selber.

Weil Alkoholismus ein schleichender Prozess ist, in dem die meisten Alkoholiker ihre Verdrängungsmechanismen aufbauen und lernen, ihr Trinken zu kaschieren, kommt die Einsicht bei den meisten bereits reichlich spät. Wenn allerdings noch psychische Erkrankungen mit einem stückweisen oder kompletten Realitätsverlust vorliegen, dann wird es um so unwahrscheinlicher, dass die betroffenen Alkoholiker sich Hilfe suchen oder annehmen. Es muss meist ein schwerer persönlicher Tiefpunkt abgewartet werden, damit Therapieversuche überhaupt fruchten können.

Die Utopie: Vom Alkoholentzug zur Abstinenz

Nicht allein die Anonymen Alkoholiker, sondern auch viele Menschen ohne Alkoholproblem hängen einer Utopie an. Der einsichtige Alkoholiker muss nur wollen, dann kann er durch den Alkoholentzug und mit einer Alkoholtherapie zur Abstinenz finden.

Wer einmal ein trockener Alkoholiker ist, der darf nie wieder Alkohol trinken, das wird den meisten einleuchten. Doch der Abstinenzgedanke geht viel weiter. Wer einmal ein Suchtproblem hatte, der muss nicht nur seine persönliche Substanz, sondern auch jede andere meiden. Trockene Alkoholiker haben innerhalb von diesem Gedankenspiel also generell jegliche psychoaktiv wirkende Substanz zu meiden.

Auch dieser Gedankengang ist nachvollziehbar. Wer bereits mit Alkohol Probleme hatte, der hat mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit sedierenden Medikamenten oder Drogen ein schweres Problem. Dennoch bleibt dieses Ziel vom abstinenten Leben für viele Schwerstabhängige und damit auch für viele schwere Alkoholiker eine Utopie, die sich im praktischen Alltag nicht realisieren lässt. Wer in dieser Situation den Teufelskreis vom Alkoholentzug und dem folgenden Rückfall durchbrechen will, der muss einen Ausweg suchen, mit dem ein normales Leben möglich wird. Hier kommt die Therapie mit Cannabis oder einem nicht psychoaktiv wirkendem CBD Extrakt ins Spiel.

Doch auf dem Schwarzmarkt ist Cannabis zu teuer, wegen des Verbots nicht erhältlich oder nicht in guter Qualität verfügbar. Sicherlich gibt es in Deutschland inzwischen Marihuana aus der Apotheke. Doch die meisten Ärzte werden bei einem vorliegenden Suchtproblem kein Cannabis verschreiben. Das alles erschwert dem Alkoholiker den Behandlungsvesuch mit Cannabis, da für viele auch CBD Extrakte zu teuer sind. Aufgrund der ungenügenden Versorgung baut der eigentlich trockene Alkoholiker den nächsten Rückfall und muss erneut in den Alkoholentzug.

Gegen die Alkoholsucht kiffen? Cannabis Joint im Aschenbecher, ein anderer daneben
Alkoholsucht – Cananbis Joint kann gegen Rückfall helfen

Das Ziel: Trockene Alkoholiker ohne Rückfall

Nicht allein der einsichtige Alkoholkranke, sondern auch seine Familie, seine Mitarbeiter und das gesamte nicht alkoholkranke Umfeld haben ein und dasselbe Ziel: Der trockene Alkoholiker soll im Leben bestehen, ohne beim kleinsten Trigger einen Rückfall zu bauen. Man möchte sich wieder aufeinander verlassen und gesittet miteinander umgehen können. Genauso, wie der Weg vom regelmäßigen Alkoholkonsum bis zum therapiewilligen Alkoholiker lang ist, genauso ist der Weg lang, um ein stabiler trockener Alkoholiker zu werden.

Cannabis als Therapie eignet sich vermutlich nicht für jeden und kann auch dann nur ein Baustein sein. Medizinischer Beistand, Selbsthilfegruppen und mitwirkende Angehörige sind sehr wichtig. Doch all das kann erst greifen, wenn der Alkoholkranke wirklich den Punkt erreicht hat, an dem er sich selber ändern möchte.

Alkoholsucht mit Cannabis behandeln in Teil 2:
Alkoholismus – Therapie mit Cannabis

Quellen und weiterführende Informationen:
https://www.a-connect.de/stufen.php
https://www.rehaklinik-serrahn.de/alkohol-psychose/
https://www.onmeda.de/krankheiten/korsakow-syndrom.html

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